Entwicklung eines Habitatnetzwerkes für den Blauschillernden Feuerfalter
Laufkäfer und Spinnen
Die Laufkäfer sind ein Gruppe von Käfern, die sich - obwohl sie in der Regel fliegen können - meist auf der Bodenoberfläche laufend fortbewegen. Sie sind sehr empfindlich hinsichtlich Veränderungen der Bodenfeuchte, des Lichteinfalls oder des Boden pH-Wertes. Das macht diese Tiergruppe sehr interessant bei der Beobachtung von Veränderungen in der Umwelt. In Nordrhein-Westfalen kennt man mehr als 350 Arten.
Mit Spinnen verbinden die meisten Menschen - zu unrecht - nichts Gutes. Wir schätzen ihre im Vergleich zu den Laufkäfern ähnlich gute Eignung, Veränderungen der Umweltbdingungen änzeigen zu können. Im Projekt befassen wir uns mit den auf der Bodenoberfläche umher laufenden Arten.
Für die in LIFE Patches & Corridors schwerpunktmäßig bearbeiteten Lebensräume (d. h. Bergwiesen, Hochstaudenfluren, Erlenbruchwälder, Schlucht-/Hangwälder und Moorbirkenwälder) sollen Leitbilder hinsichtlich ihres Arteninventars an Laufkäfern und bodenbewohnenden Spinnen erstellt werden. Die Biotoptypen sollen charakterisiert und voneinander abgrenzt werden können. Die Charakterisierung soll Grundlage für eine zukünftige Bewertung der Renaturierungsmaßnahmen sein.
Zur Erfassung der Laufkäfer und Spinnen kamen modifizierte Bodenfallen nach BARBER zum Einsatz. Die Fängigkeit dieser als Standardmethode geltenden Fallen hängt stark von der Laufaktivität der Tiere ab. Je aktiver eine Art ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass man diese auch fängt. Die ermittelten Individuenzahlen werden als "Aktivitätsabundanzen" bezeichnet.
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden PVC-Rohr-Zylinder mit einem Durchmesser von 9,5 cm ebenerdig in den Boden eingegraben. In diese Zylinder wiederum sind Fanggläser mit einer Gummimanschette eingesetzt worden, ein Dach aus durchsichtigem Plexiglas diente als Regenschutz. Als Fangflüssigkeit kam gesättigte Kochsalzlösung zur Verwendung, die mit einem unparfümierten Detergenz versetzt war. Bei der Leerung der Bodenfallen wurden die Tiere in Ethanol (70 %) überführt. Um sowohl die im Frühjahr als auch die im Spätsommer/Herbst aktiven Arten zu erfassen, wurden die Bodenfallen im Jahr 2017 für zwei Perioden fängig gestellt. Die Leerungen erfolgten drei Mal in jeder Fangperiode im Abstand von drei Wochen. Die Determination der Spinnen und Käfer erfolgte im Labor mit Hilfe verschiedener Binokulare. Gegen Ende der Projektlaufzeit soll diese Untersuchung in ähnlichem Rahmen wiederholt werden.
Im Jahr 2017 wurden auf den untersuchten Flächen insgesamt 1232 Individuen aus 50 Carabidenarten gefangen.
Die am häufigsten gefangenen Laufkäfer der Studie waren Pterostichus rhaeticus (130 Individuen), Limodromus assimilis (107) und Patrobus atrorufus (101), auf die 27 % der erfassten Käfer entfielen. In dieser Untersuchung wurden sechs Arten nachgewiesen, die in einer Roten Liste als gefährdet geführt werden.
Bemerkenswert ist der Nachweis von Epaphius rivularis, einer nord- und mitteleuropäisch verbreitete Art. In Nordwestdeutschland besiedelt E. rivularis Hoch- und Übergangsmoore (inkl. Moorwald), nährstoffarme Niedermoore, Kleinseggensümpfe, Feucht- und Nassgrünland sowie Sumpf- und Bruchwälder. Das Ausbreitungspotenzial dieser meistens in geringen Abundanzen und nur kleinräumig vorkommenden Art wird als sehr gering eingeschätzt. In NRW wurde E. rivularis bisher nur an zwei Fundorten nachgewiesen. Zum einen gelang der Fang in einem Zwischenmoor im Kreis Siegen-Wittgenstein. Der Erstnachweis für das nördliche Rheinland erfolgte im Jahr 2013 in einer moorigen Wiese bei Monschau-Höfen. Im Rahmen dieser Untersuchung gelangen dort erneut Funde sowie ebenfalls bei Monschau-Kalterherberg.
Bemerkenswert ist, dass die Art damit die einzigen Regionen innerhalb NRWs besiedelt, in denen Vorkommen unserer Leitart, dem Blauschillernden Feuerfalter Lycaena helle bekannt sind. Auch wenn sich die Fundorte beider Arten im Rothaargebirge nicht exakt decken, sind sie beide auf Feuchtlebensräume bzw. ähnliche Standortbedingungen angewiesen und weisen ähnliche Verbreitungsmuster auf. Dies zeigt, dass von Programmen zum Schutz einzelner „Flaggschiffarten“ auch seltene Arten anderer Organismengruppen profitieren.
Im Jahr 2017 wurden auf den untersuchten Flächen insgesamt 4314 Individuen aus 123 Spinnenarten gefangen. Die am häufigsten gefangenen Arten der Studie waren Piratula hygrophila (691 Individuen), Pardosa pullata (376) und Pardosa amentata (267), auf die 38 % der erfassten adulten Individuen entfielen. Alle drei Arten gehören den Wolfsspinnen (Lycosidae) an, die für ihre hohe Laufaktivität bekannt sind und daher häufig in Bodenfallen gefangen werden. Ebenfalls zahlreich angetroffen wurde mit 259 Tieren Coelotes terrestris aus der Familie der Trichterspinnen (Agelenidae), gefolgt von Pachygnatha degeeri (246), einer Streckerspinne (Tetragnathidae) und der Baldachinspinne Hilaira excisa.
In dieser Untersuchung wurden vierzehn Arten ( = 11,4 % des Gesamtartenspektrums) nachgewiesen, die in einer Gefährdungskategorie der Roten Listen Deutschlands oder NRW geführt werden oder für die Deutschland in (besonders) hohem Maße verantwortlich ist. Sechs der Rote-Liste-Arten sind Einzelfunde, während 2 Arten, Coelotes terrestris und Hilaira excisa 259 bzw. 124 mal aufgefunden wurden. Coelotes terrestris wird als ungefährdet eingestuft, Deutschland besitzt jedoch eine hohe Verantwortlichkeit für diese Art, da der Anteil am Weltbestand 10 – 33 % besteht. Dieses trifft auch auf Inermocoelotes inermis zu, von welcher 9 Individuen gefunden wurden. Für Silometopus bonessi, deren Bestand in NRW als gefährdet (Kategorie 3) und in Deutschland als stark gefährdet (Kategorie 2) eingestuft wird, ist Deutschland in besonders hohem Maße verantwortlich, da der Anteil am Weltbestand 33 – 75 % beträgt. Sie wurde nur einmalig aufgefunden.
Durchgeführt wurde und wird dieser Teil des Monitoring von Gaiac - Forschungsinstitut für Ökosystemanalyse und -bewertung e.V.